Gefährlicher Asbest
Mit dem Begriff Asbest wird eine Gruppe natürlich vorkommender Silikat-Minerale mit einer faserigen Struktur klassifiziert, die nach der technischen Verarbeitung vielfältig verwendbar ist. Aufgrund seiner Eigenschaften kam Asbest vor allem in der Auto- und Bauindustrie lange Zeit zum Einsatz. Es ist unempfindlich gegen Hitze und Temperaturen bis 1000 Grad, nicht brennbar und resistent gegen schwache Säuren. Es ist sehr elastisch und zusammen mit anderen Stoffen, beispielsweise Zement, wegen seiner guten Bindefähigkeit leicht zu verarbeiten, vor allem als Dämmmaterial. Ein weiterer wichtiger Pluspunkt: Asbest verrottet nicht, es ist überaus langlebig.
Schon in der Antike soll es verwendet worden sein. Das Wort Asbest stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „unvergänglich“. Doch erst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde Asbest in einer Menge eingesetzt, die von kaum einem anderen Werkstoff bekannt ist. Zwischen 1950 und 1985 sollen mehr als vier Millionen Tonnen verbaut worden sein: in Bauelementen und Bodenbelägen, in Bremsen und Kupplungen, und in vielem mehr. Auch in älteren Haushaltsgeräten war es enthalten, beispielsweise in Elektronachtspeicheröfen, Haartrocknern und Toastern.
Gefährlicher Staub
Dabei ist die Gefährlichkeit des Materials schon lange bekannt, vor allem Asbest im Wohnungsbau ist ein großes Problem. Es zerteilt sich bei der Bearbeitung in feine Fasern, die von Menschen ohne entsprechende Schutzausrüstung leicht eingeatmet werden können. Die Fasern setzen sich in der Lunge fest und können dort eine chronische Entzündung und letztlich Krebs auslösen. Auch Erkrankungen des Bauchfellraums und der Brust sind bestätigt. Das Tückische daran: Die Erkrankung kann erst Jahrzehnte nach dem Einatmen auftreten. Erstmals um das Jahr 1900 herum als Krankheit entdeckt, wurde die Asbestose (Lungenverhärtung) zwischen 1936 und 1943 als Berufskrankheit anerkannt. Ende der 80er Jahre gerieten asbesthaltige Materialien wegen einer Vielzahl von Todesfällen in Verruf. Seit 1993 darf der Stoff in Deutschland nicht mehr verwendet werden, seit 2005 in der gesamten Europäischen Union nicht mehr. Russland, China, Brasilien und Kasachstan ignorieren jedoch die Gefahr und stellen bis heute asbesthaltige Produkte in nennenswertem Umfang her, vor allem Russland. Zudem haben europäische Firmen ihre Produktion ins Ausland verlagert, beispielsweise nach Südamerika.
Viele Todesfälle
An den Folgen einer schweren asbestbedingten Krankheit starben nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2012 rund 1500 Menschen in Deutschland. Zwischen 1994 und 2012 sollen es demnach 26000 Personen gewesen sein. Die gesetzliche Unfallversicherung gab 2017 insgesamt 1630 Todesfälle an, die auf asbestbedingte Berufskrankheiten zurückzuführen seien. Die tatsächliche Zahl der Toten dürfte noch deutlich höher liegen.
Asbestfasern
Was ist Asbest und warum ist er so gefährlich? Mit dem bloßen Auge ist es unmöglich, Asbestfasern zu erkennen. Ist eine Faser mit einem Tausendstel Millimeter Durchmesser mit dem Mikroskop gerade noch nachweisbar, so setzt sich allein diese Faser aus mehr als 2500 Einzelfasern zusammen. Beim unsachgemäßen Bearbeiten der Asbestfaser kann sie in die einzelnen Bruchstücke zerfallen – von denen jedes für sich genauso gefährlich ist. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat folgende Definition für gefährliche Asbestfaserteilchen entwickelt: Durchmesser maximal Tausendstel Millimeter, Länge mindestens fünf Tausendstel Millimeter, Verhältnis zwischen Länge und Durchmesser größer als Drei zu Eins.
Asbest im Wohnungsbau
Experten raten dringend dazu, vor Bauarbeiten an älteren Häusern eine Asbesterkundung vorzunehmen. Entweder selbst, wenn man die entsprechende Fachkenntnis hat, oder durch eine Fachfirma, die die möglichen Gefahren bewerten kann. Wer diesen Schritt unterlässt – aus Fahrlässigkeit oder Nichtwissen – kann erhebliche Probleme bekommen, weil er Menschen in Gefahr bringt sowie die Baustelle und die Umgebung mit Fasern kontaminiert werden können. Zudem wird – wenn eine Asbestbelastung nachträglich festgestellt wird – der gesamte Bauabfall als asbesthaltig kategorisiert; mit der entsprechenden Verpflichtung, ihn gesondert zu entsorgen. Seit April 2020 gibt es vom Bundesarbeitsministerium eine Leitlinie für private Bauherren, Mieter beziehungsweise Handwerker. Beachtenswert ist die Leitlinie für Arbeiten an Häusern, die vor dem 31. März 1993 erbaut wurden. Immerhin: Kosten für eine Asbestsanierung können als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden.
Asbestsanierung – was ist Asbest
Durch das unsachgemäße Bearbeiten oder Zerstören von asbesthaltigen Materialien, aber auch durch klimatische Einflüsse, Alterung und Zerfall kann Asbeststaub in die Atemluft gelangen. Theoretisch reicht dabei bereits eine einzelne Faser aus, um Krebs auszulösen. Je länger und je intensiver man mit den Fasern in Kontakt war, desto höher ist das Risiko. Für die Asbestsanierung gelten deshalb sehr strenge Regeln und Vorsichtsmaßnahmen. Verpflichtend sind Schutzanzüge und Atemschutzgeräte.
Es gibt nur eine Sanierungsmethode: Das komplette Entfernen der asbesthaltigen Materialien und deren fachliche Entsorgung. Dabei muss gewährleistet sein, dass selbst kleinste Asbestvorkommen in Baumaterialien nicht etwa recycelt oder anderweitig verwendet werden. Diese Arbeiten dürfen nur von Firmen erledigt werden, die die entsprechenden personellen und sicherheitstechnischen Anforderungen erfüllen, beispielsweise eine spezielle Zulassung für solche Arbeiten. Zudem müssen alle geplanten Aktivitäten in Zusammenhang mit Asbest den zuständigen Behörden gemeldet werden.
Viele Risiken kaum erforscht
Während die Gefahr durch krebserregenden Asbest an Fassaden oder in Dach- und Bodenplatten heute relativ gut bekannt ist, sehen Experten an anderen Stellen große Risiken, die bislang nicht richtig erforscht sind: bei Fliesenkleber, Spachtelmassen und Wandputz. Bis zum Asbest-Verbot in Deutschland im Jahr 1993 waren das beliebte Baustoffe in Innenräumen. In rund 25 Prozent der vor diesem Jahr errichteten Gebäude könnten kontaminierte Spachtelmassen und Fliesenkleber eingesetzt worden sein, schätzt der Gesamtverband Schadstoffsanierung. Systematische Untersuchungen in diesem Bereich stehen erst im Anfangsstadium, Konkretes über das Freisetzen bei Bauarbeiten an asbesthaltigen Flächen lässt sich also nicht sagen. Das wäre aber nicht nur für die betroffenen Bauarbeiter sehr wichtig, sondern auch für die Menschen im Umfeld. Dementsprechend groß ist die Verunsicherung in der Bauwirtschaft.
Achtung bei Wandputz
In Hamburg wurde in einem Pilotprojekt der Wandputz in Schulen unter die Lupe genommen. In 15 Prozent dieser Proben konnte Asbest nachgewiesen werden. In Ostdeutschland wiederum, auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, sollen keine asbesthaltigen Materialien in Innenräumen eingesetzt worden sein. Doch auch das ist bis heute nicht durch genauere Prüfungen bestätigt worden.
Große Probleme beim Abriss
Das normale Bearbeiten von Wänden geht zügig voran und ist billig. Müssen die Bauarbeiter aber unter speziellen Schutzbedingungen arbeiten, steigen die Kosten schnell und der Zeitplan gerät durcheinander. In jedem einzelnen Sanierungsfall müssten eigentlich vorab viele Proben an verschiedenen Stellen gesammelt werden, um zumindest einen Überblick über die mögliche Asbestbelastung zu erhalten. Doch es fehlt an Richtlinien, was untersucht werden muss.
Sind die Flächen von einem dichten Anstrich oder einer Tapete bedeckt, besteht keine Gesundheitsgefährdung. Doch sobald gebohrt, gefräst oder geschleift wird, kommt es zu Staubentwicklung. Asbest kann in Mengen austreten, die für den Arbeitsschutz durchaus bedeutend sein können. Besonders groß wird das Problem bei einem Abriss. Asbest kann dann in die Außenluft gelangen. Die winzigen Fasern bleiben aber völlig unsichtbar, so lässt sich auch die von ihnen ausgehende Gefahr nicht einschätzen.
Experten machen einen Unterschied zwischen schwach gebundenen Stoffen (zum Beispiel Asbestpappe) und fest gebundenen (zum Beispiel Asbestzement). Die erste Gruppe stellt konkret eine Gefahr dar, weil von ihnen beim Bearbeiten feiner Asbeststaub ausgehen kann. Das kann beispielsweise beim Abschlagen von Putz passieren, beim Abbürsten oder Abstrahlen, ebenso beim Fräsen und Schleifen. Die Konzentration von Fasern in der Umgebung kann dann sehr hoch sein. Die Staubbildung bei allen Arbeitsschritten muss unbedingt vermieden werden. Beispiele für fest gebundene Stoffe wie Asbestzement sind hingegen Blumenkästen, Dacheindeckungen, Fassadenplatten, Fensterbänke oder Lüftungsschächte. Der Anteil von Asbest in diesen Stoffen ist deutlich geringer und liegt in der Regel bei zehn bis 15 Prozent. Des Weiteren ist er stärker gebunden. Unterbleibt also eine Bearbeitung oder eine Abnutzung, geht von ihnen eine geringere Gefahr aus, weil giftige Fasern erst später und in geringerer Zahl freigesetzt werden.
Entsorgung ist ein Problem – Was ist Asbest
Asbest stellt heute in den meisten Industrieländern vor allem ein Entsorgungsproblem dar. Da der Stoff fast überall eingesetzt wurde, dauert es noch sehr lange, bis alle Gefahrenquellen beseitigt sind. Am Beispiel Berlin zeigt sich das. Der dortige Mieterverein geht davon aus, dass man heute immer noch in mehr als 70000 Wohnungen sogenannte Flex-Platten findet, die mit Asbest belastet sind. Das Material ist gealtert und stellt ein dauerhaftes Problem dar.
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